Mittwoch, 28. November 2007

Schreckensherrschaft der Roten Khmer

Wer Kambodscha besucht, kommt nicht umhin, sich mit der juengsten Geschichte dieses Landes zu beschaeftigen. Eines der traurigsten Kapitel des letzten Jahrhunderts. Vor allem in Phnom Penh ist sie sehr nahe zum Greifen, fuer manche zu nahe. Die Schreckensherrschaft der Roten Khmer, die aus Phnom Penh waehrend drei Jahren acht Monaten und zwanzig Tagen eine Geisterstadt machte. Noch als die Menschen abzogen, begannen die Roten Khmer mit der Zerstoerung der Stadt, sie legten Gebaeude in Schutt und Asche, sprengten Daecher und sogar die Nationalbank in die Luft. Ab dem ersten Tag setzten die Roten Khmer mit ihrem Anfuehrer Pol Pot einen systematischen Prozess des kommunistischen Umbaus in Gang, um das ganze Land in einen reinen Bauernstaat zu verwandeln. Diese menschliche Katastrophe sorgte zwar innerhalb der internationale Staatengemeinschaft fuer grosse Empoerung, Taten folgten aber wie so oft keine. Viele Kambodschaner ueber 30 haben unter den Roten Khmer ihre Eltern oder zumindest Angehoerige verloren. Dafuer gehoerten viele ueber 50 den Roten Khmer an, sei es aus Ueberzeugung oder weil sie dazu gezwungen wurden. Wer sich ihnen nicht anschloss, wurde gleich erschossen.

Die gesamte Bevoelkerung Phnom Penh wurde gewaltsam aufs Land umgesiedelt. Intelektuelle, Lehrer, Schriftsteller, Gebildete und deren Familien wurden in Massenexekutionen umgebracht. Bereits das Tragen einer Brille galt als Zeichen von Intelligenz und wurde als Verbrechen eingestuft, das mit dem Tode zu bestrafen war. Bis zu drei Millionen Menschen starben waehrend dieser Zeit, bevor vietnamesische Truppen einmarschierten und Pol Pot mit seinen Anhaengern in den Dschungel fluechtete.

Zeitzeugen der Schreckensherrschaft sind das Genozidmuseum Toul Sleng und die Killing Fields von Choeung Ek. Das Genozidmuseum befindet sich in einer ehemaligen Schule, in der die Roten Khmer ihr beruechtigtes Gefaengnis S-21 unterhielten. Mehr als 13'000 Menschen, andere Schaetzungen gehen von 20'000 aus, wurden hier bestialisch ermordet. Vor allem die gebildete Elite lernte das S-21 als Verhoer- und Folterzentrum kennen. Das Regime waehlte seine Opfer willkuerlich aus, sogar Kinder und Babys wurden verhaften und ermordet.

Durchschnittlich 1500 Gefangene wurden hier untergebracht, in winzige Zellen gepfercht oder in den ehemaligen Schulzimmern an den Boden oder aneinander gekettet. Als die vietnamesische Armee das Gefaengnis 1979 erreichte, traf sie nur noch sieben Haeftlinge lebend an. Ueberall lagen die Leichen von kurz zuvor ermordeten Gefangenen.

In Choeung Ek (Killing Fields, 12 km ausserhalb) erinnert eine Stupa an die Opfer. Die sterblichen Ueberreste von 8985 Menschen, die aus 86 Massengraebern geborgen wurden, befinden sich im Memorial. Noch immer gibt es 43 ungeoeffnete Massengraeber. In der modernen Gedenkstaette sind auf Regalen die nach Alter und Geschlecht geordneten Schaedel und Knochen sowei Kleidungsfetzen aufgestapelt.

Urspruenglich wurden die Opfer auf der Stelle erschossen, doch spaeter ging die Roten Khmer dazu ueber, ihre Opfer zu erstechen oder zu tode zu knueppeln, um wertvolle Munition zu sparen. Als das Benzin knapp wurde, wurden die Gefangenen auf ihrem Transport von Toul Sleng nach Choeung Ek einfach hinter die Fahrzeuge gebunden, zu Tode geschleift und danach in die Reisfelder am Strassenrand geworfen.

Trauer und Wut, Ohnmacht und Fassunglosigkeit machten sich in uns breit. Wie viele menschliche Tragoedien muessen sich noch ereignen, bis sich die Menschheit besinnt?

An dieser Stelle empfehlen wir euch gerne ein Buch: "Der weite Weg der Hoffnung" von Loung Ung (Fischer Verlag). Die Autorin war fuenf Jahre alt, als sie mit ihrer Familie aus Phnom Penh fluechten musste, eine bestuerzende und herzergreifende Lebensgeschichte.

Patrik