Samstag, 19. Januar 2008

Bollywood in Mumbai

Bollywoodfilme gehoeren etwa so zu Indien wie der Kaese und die Schokolade zur Schweiz....

Bereits am ersten Nachmittag, nachdem wir in Mumbai angekommen sind, werde ich von einem Typ auf der Strasse angesprochen, ob ich nicht Lust haette in einem Bollywoodfilm mitzuspielen. Um Patrik nicht im Gewuehl der Menschenmassen aus den Augen zu verlieren, verneinte ich hastig. Waehrend ich mich eher ein bisschen aufregte, so auf der Strasse angesprochen zu werden und etwas "Unserioeses" hinter diesem Angebot vermutete, war Patrik natuerlich von Beginn weg begeistert... waere doch toll gewesen, wir in einem Film...!

Am Abend kehren wir in unser Gaestehaus zurueck. Dort spricht uns unser Hotelmanager an, ob wir nicht Lust haetten, in einem Bollywood Film als Statisten mitzupielen. Er erklaert uns, dass wir am naechsten Morgen abgeholt wuerden, dann den ganzen Tag auf dem Filmset verbringen, auch verpflegt werden und am Abend wieder zurueckgebracht werden. Ausserdem bekommen wir einen Gage von 500 Rupien (ca 15 Franken). Schliesslich sagen wir zu.

Am naechsten Morgen werden wir ziemlich puenktlich um neun Uhr morgens abgeholt. Nachdem alle auslaendischen Stadtisten (eine Australierin, ein Deutscher, zwei Daeninnen, zwei Hollaenderinnen, ein Kanadier und wir beide) von ihren Hotels abgeholt sind, fahren wir zum Bahnhof. Im morgendlichen Gewuehl kauft einer unserer Begleiter die Tickets und wir steigen alle zusammen in einen Vorortszug Richtung Norden. Bei einem Bahnhof steigen wir wieder aus. Geplant waere gewesen, dass wir von dort mit einem lokalen Bus weiterfahren, da dieser uns aber vor der Nase wegfaehrt, organisieren unsere Begleiter mehrere Motorradrikschas. Jeweils zu dritt fahren wir, fuer uns mit unbekanntem Ziel weiter. Waehrend ich das Filmset erreiche, bleibt Patrik, die Australierin und der Deutsche vorerst verschwunden. Ihr Tuk-Tukfahrer scheint den Zielort nicht gekannt zu haben... Allein die Anreise war fuer uns alle schon filmreif!

Das Produktionsstaedte muss man sich als eine Art Fabrikhallenareal vorstellen. Wir werden zu einer Halle gefuehrt. In der Halle ist es schummerig dunkel und ziemlich kalt auf Grund der Klimaanlage. Das Dekor der Halle ist in silber und schwarz gehalten, so eine Art Club oder Disco darstellen. Hier werden wir dann aufgeklaert, dass es kein Film ist, bei dem wir mitwirken, sondern in einem Videoclip des Saengers Dil Jit. Heute soll das Video zum Song Sharab fuer das Album Chocolate gedreht werden. Der Saenger ist ein junger sehr smarter Typ mit Dreitagebart. Seine Kleidung ist westlich mit Jeans, weissem Hemd, Gilet und Turnschuhen. Das einzig indische ist sein bluetenweisser Turban. Neben uns wirken noch eine Taenzerin im knappen Goldkleidchenkostuem in der weiblichen Hauptrolle und eine Hip-Hop Tanzgruppe mit. Dani, der Deutsche wird von der Filmcrew als zweite maennliche Hauptrolle ausgewaehlt und darf im Video mit dem Saenger um die Frau buhlen. Waehrend die indischen Akteure bis aufs letzte Haar durchgestylt sind, kommen wir uns ziemlich bloed vor. Wir tragen alle unsere Flip-flops, Reisebekleidung, welche schon vor Urzeiten die letzte Waschmaschine gesehen hat oder dann so heftig nach lokalen Methoden gewaschen wurde, dass die Farben alles andere als leuchtend sind. Bevor es losgeht kommt der Visagist bei uns vorbei, steckt uns einen Kamm hin und haelt einen Spiegel. Natuerlich koennen wir uns vor lachen kaum halten...

Schliesslich geht es los. Wir werden jeweils irgendwo in den Background gestellt, wo wir uns zur Musik etwas mitbewegen sollen. Ein andermal sind wir Gaeste an der Bar und geniessen die Musik des Saengers in "gediegenem Ambiente", wobei das Coca Cola in unseren Glaesern bereits so alt ist, dass sich Flocken bilden... Ein andermal darf ich meinen Ruecken und meine "blonden" Haare in die Kamera stellen, waehrend sich der Saenger mit seinem Nebenbuhler um die Frau streitet. Immer wieder gibt es natuerlich fuer uns viel zu lachen... manchmal ab uns selber, machchmal aber auch ueber die indische Mentalitaet, die so ganz anders als die unsere ist.

Neben den Taenzern, Saengern, Regisseur, Choreograf, Prodzent und Kameramann befinden sich noch viele weitere Maenner auf dem Filmset. Es hat nur eine arbeitende Frau, welche der Hauptdarstellerin die Haare kaemmt. Fuer das Makeup ist jemand anderer zustaendig. Zwei Maenner sind uns besonders aufgefallen. Einer bringt den ganzen Tag den Taenzern Wasserflaschen, eine andere Aufgabe hat er nicht. Ein anderer ist fuer das "Trockeneis" zustaendig. Waehrend dies bei uns aus der Maschine kommt, ist es hier handmade: In einer wokaehnlichen Pfanne liegen Holzkohlen, auf die Weihrauch mit Gips gestreut wird. Der Mann laeuft mit diesem Teil in der Halle herum und schwingt es, damit sich der Rauch verteilt. Daneben waren noch viele andere Maenner da, deren Aufgabe uns nie ganz klar wurde.

Wir verbringen den ganzen Tag auf dem Filmset und die Arbeit ist erst fertig, als das ganze Video "im Kasten" ist. So sind wir dann doch sehr froh, als um etwa 23 Uhr der Produzent "pack up" sagt, was soviel wie "Wir sind fertig - herzlichen Dank" heisst. Als Dank sollen wir alle eine DVD des Videoclips bekommen, welche uns nach Hause zugeschickt wird. Auf diese sind wir natuerlich alle besonders gespannt...

Wieder werden wir mit dem Tuk-Tuk vom Film Set zum Bahnhof gebracht. Wobei der Fahrer diesmal auf halbem Weg wieder nicht weiss, wo er hin muss. Auf Hindi versucht er mit uns zu sprechen, mehr als Schulternzucken koennen wir aber auch nicht, da wir ja auch nicht wissen, wo wir genau hinmuessen. Nach mehreren Minuten warten, mitten auf einer stark befahrenen Strasse Mumbais kommt dann ein Mann, der einige Brocken Englisch sprechen kann. Wir fragen nach einem Bahnhof in der Naehe, da wir ja am Morgen von dort gekommen sind, das ist das einzige was wir wissen... Schliesslich faehrt uns der Fahrer dort hin und wir treffen wieder auf die andren und unseren Fuehrer.

Muede, um eine amuesanteErfahrung reicher und als fast Bollywood Stars fallen wir nachts um halb ein Uhr ins Bett...

Bettina