Hinter dem Zungenbrecher "Kalaripayattu" (Malayalam Kampfplatzuebung) verbirgt sich eine Kampfkunst, die der Legende nach seit 3000 Jahren in Kerala betrieben wird. Die Anhaenger des Kalaripayattu bezeichnen es als die Mutter aller Kampfkuenste. So fuehren beispielsweise die Spuren des bekannten Shaolin Kung Fu's zu buddhistischen Moenchen in Indien.
Gemaess Ueberlieferungen liessen altindischer Kriegsführer, um unnötiges

Blutvergießen ihrer Armeen zu vermeiden, zwei Kalarippayat-Kämpfer gegeneinander antreten, die für ihre Herrscher ein Duell auf Leben und Tod austrugen. Die Krieger stellten die Elite-Leibgarde der Maharajas. Kalarippayat-Krieger galten als besonders furchtlos und ihren Herrschern ergeben und verwickelten während der britischen Eroberung die Kolonialmacht erfolgreich in einige Auseinandersetzungen.
Man vermutet, dass das Kalarippayat eine rein indische Kriegskunst ohne äußere Einflüsse ist. Man findet ähnliche Formen der Bewegungen im klassischen indischen Tanz. Ein Meister und Lehrer (Gurukal) des Kalarippayat ist in seinem Dorf nicht nur Meister der Kampfkünste, sondern auch der Dorfarzt. Besonders im Behandeln von Knochenbrüchen, Quetschungen, Stauchungen und in der indischen Ayurveda-Heilkunst sind sie sehr gefragt.

Im Kalaripayattu wird sowohl ohne wie auch mit Waffen gekaempft, wobei die Waffen (Schwert, Bambusstab, Metallpeitsche, Messer,...) als Verlaengerung des Koerpers verstanden werden.
In Kochi besuchten wir eine Kalaripayattuvorstellung, neben uns waren nur noch fuenf weitere Zuschauer anwesend. Ein weiterer Beweis, wie schwer es Kampfkunst in der heutigen Zeit hat. Doch die Kaempfer liessen sich von der bescheidenen Kulisse nicht beeindrucken und demonstrierten ihr Koennen. Die einzelnen Bereiche wurde einleitend erklaert. Es begann mit Aufwaermuebungen in Form einer Kata (Pflicht), dann folgten Geschicklichkeitsuebungen mit einem und mit zwei langen Bambusstaeben. Bekannt ist Kalaripayattu vor allem durch das Bild von zwei aufeinander zuspringenden Schwertkaempfern, die im Sprung mit ihren Schwertern und Schildern aufeinanderprallen. Dieser einstudierte Schwertkampf folgte als naechstes. Der dunkle Raum und der Sprung stellte meine Kamera leider vor zu grosse Hindernisse. Entweder war das Bild zu dunkel oder es fand sich ein unbedeutender Ausschnitt auf

dem Bild. Beim Kampf mit dem Schwert ohne Schild spruehten bei den Hieben die Funken und die Kante der Schwerter waren schon ganz gezackt. Die Abwehr von Angriffen mit einem Holzstab oder Messer erinnerte stark an die entsprechenden Verteidigungen im Judo oder Jiu. Nur dass Kalaripayattu nicht auf weichen Matten, sondern auf nacktem Betonboden stattfindet. Zum Schluss demonstrierten die Kaempfer die Handhabung einer etwa zwei Meter langen doppelten Metallpeitsche. Frueher gab es noch laengere Peitschen mit bis zu vier Riemen, die als Gurt unauffaellig um die Huefte geschlungen wurde. Mit dieser Waffe konnte ein Kaempfer gleichzeitig mehrere Gegner in Schach halten. Erst bei der Vorstellung der Kaempfer zum Schluss sahen wir, dass einer von ihnen als Kind unter Polio litt. Das linke Bein zeigte eine Missbildung (verkuerzte Sehnen, weniger Muskulatur, asymmetrische Haltung). Dank jahrelangem hartem Training gelang es dem Mann dieses Handicap zu kompensieren. Umso erstaunlicher ist seine Leistung einzuschaetzen.