Sonntag, 25. Mai 2008

Ubud - Kulturhauptstadt Balis

In und um Ubud scheint jeder Balinese ein Kuenstler zu sein, sei Maler, Taenzer, Gamelanmusiker oder Holzschnitzer. Anders lassen sich die vielen Shops mit Kunsthandwerk und Galerien hier nicht erklaeren. Man kann mit dem Roller in jede Richtung kilometerweit fahren und faehrt staendig an diesen Shops vorbei. Der Name Ubud meint nur eines der acht zusammengebauten Doerfer. Da Ubud von diesen im Zentrum liegt und den am einfachsten zu vermarktenden Namen hat, redet man grosszuegigerweise von Ubud. Kann man sich einfacher merken als Tebesaya oder Penestanan und hoert sich auch noch geheimnisvoll an.

An jedem Wochentag finden auf einer der verschiedenen Buehnen traditionelle balinesische Taenze statt. Hauptsaechlich Legong- und Kecaktaenze. Der Vorteil dieser auf Touristen ausgerichteten Vorstellungen liegt darin, dass sie puenktlich anfangen und nicht laenger als eineinhalb Stunden dauern. Deshalb findet man auch keine Balinesen unter den Zuschauern, sondern ausschliesslich Touristen. Die Balinesen beginnen eine Veranstaltung selten zur festgelegten Stunde, sondern es kann passieren, dass eine Auffuehrung erst in drei Stunden beginnt oder schon laengst begonnen hat, wenn man mit europaeischer Puenktlichkeit erscheint. Diese Veranstaltungen koennen mit Unterbrechungen bis in den fruehen Morgen dauern.

Bei den Touristenveranstaltungen wurzeln die dargebotenen Taenze, ihre Bewegungen und ihre Motive in der Tradition und Religion, wurden aber fuer den Geschmack der Auslaender entworfen. Meist handelt es sich um eine Zusammenfassung von Ausschnitten oder Telen moderner, traditioneller und sakraler Taenze, stark gekuerzt und vereinfacht, dass die Show leicht verstaendlich, aber doch abwechslungsreich bleibt. Da wir noch keine Experten fuer balinesische Taenze sind, ist uns der Unterschied auch nicht so bewusst.

Wir besuchten zwei Veranstaltungen. Da wir in Yogyakarta bereits eine Wayang Kulit Auffuehrung (flache Schattenpuppen aus Leder) sahen (fleissige Leser unseres Blogs werden sich daran erinnern), waehlten wir am ersten Abend eine Legongauffuehrung aus. Dieser Tanz entstand anfangs des 19. Jahrnunderts und wurde urspruenglich nur an den Fuerstenhoefen aufgefuehrt. Der Legong verkoerpert das balineische Ideal weiblicher Schoenheit und ist Inbegriff von Anmut und Grazie. Nur sehr junge, huebsche und zart gebaute Maedchen duerfen ihn tanzen. Mit dem Einsetzen der Menstruation ist die Laufbahn der Taenzerinnen beendet, da die Taenzerinnen die erforderliche "Reinheit" verloren haben. Bei Touristenveranstaltungen sieht man manchmal auch aeltere Taenzerinnen. Fuer eine "Touristentaenzerin" endet die Karriere mit der Heirat. Um freie Sicht auf die Buehne und zum Fotografieren zu haben, muss man mindestens eine halbe Stunde vor Beginn da sein. Begleitet werden die Taenze von einem Gamelanorchester, das sich aus 20-25 Instrumenten zusammensetzt, hauptsaechlich Metallophone, verschiedenen Gongs und Zimbeln, zwei Trommeln und vielleicht noch einer Floete. Fuer unsere Ohren ist diese Musik sehr gewoehnungsbeduerftig und auch anstrengend.

Wir haben den Besuch von Ubud so geplant, um waehrend einer Vollmondnacht hier zu sein. Denn an Voll- und Leermond finden spezielle Tanzveranstaltungen statt. Dieser Kecak ("Affentanz") kommt (zum Glueck) ohne Orchesterbegleitung aus. Die begleitende Musik liefern die etwa 50 nur mit kurzen, scharzweiss karierten Lendentuechern bekleideten Maenner, die waehrend des ganzen Tanzes rhythmische cak-cak-cak-Laute ausstossen, unterbrochen von wilden Kriegsgeschrei, Zischen und Summen sowie einigen melodischen Sequenzen, verstaerkt wird die Dramatik durch ekstatische Bewegungen des Chors, das gleichzeitige Hin- und Her- und Auf- und Abwogen der Koerper, das Schwenken der Arme und das Vibrieren der ausgestreckten Arme. Auf der von ein paar Fackeln beleuchteten Buehne wird ein Ausschnitt aus dem indischen Heldenepos Ramayana aufgefuehrt.

Seit den dreissiger Jahren leben europaeische Maler in der Region Ubud und diese zogen im Laufe der Jahre weitere Kuenster oder Aussteiger an. So etablierten sich hier alternative, vegetarische Restaurants und Baeckereien und Kaffees mit richtigem Brot, was wir besonders schaetzen, bekommt man in den lokalen Shops sonst nur schlabriges Toastbrot. Manchmal ist sogar die "Rinde" des Toastes abgeschnitten. Fuer uns unvorstellbar, wird also nur das "Weisse" einer Tostbrotscheibe gegessen! Endlich hatten wir wiedereinmal die Moeglichkeit, aus verschiedenen vegetarischen Gerichten einer Speisekarte zu waehlen und nicht entweder Nasi goreng vegetarian (gebratener Reis) oder Mie goreng vegetarian (gebratene Nudeln) zu essen.

Ubud eignet sich auch ausgezeichnet als Basis fuer Ausfluege mit dem Roller. An drei Tagen erkundeten wir die Umgebung, vorbei an den terrassierten Reisfeldern, beobachteten die Bauern bei der Ernte, sahen Kinder beim (nackten) Bad im Fluss, spazierten durch Dschungelpfade, ... Konnten einen Blick auf das laendliche Bali werfen. Zufaellig fuhren wir durch ein Dorf, in dem sich die Bewohner fuer eine der vielen im Laufe des Jahres durchgefuehrten religioesen Zeremonien vorbereiteten. Am Schluss liefen die festlich geschmueckten Leute in Gruppen von einem Tempel zu einem anderen Heiligtum, einen Kilometer entfernt. Vorneweg lief das Gamelanorchester, Juenglinge folgten verkeidet wie Gardisten, verschiedene Frauengruppen mit Opfergaben auf dem Kopf, zum Schluss wurden zwei Altare getragen, bevor die restliche, auch tradionell gekleidete Dorfbevoelkerung den Abschluss bildete.

Patrik und Bettina