Sonntag, 9. März 2008

Suedindien

Ueber Suedindien hoerten wir auf unserer Reise nur gutes, alle schwaermten davon, dass die Leute viel freundlicher und das Reisen viel angenehmer sei als im Norden. Tatsaechlich, seit wir im Sueden unterwegs sind, werden wir deutlich weniger belaestigt, die Verkaeufer in den Shops sind weniger aggressiv, die Menschen sind einfach freundlicher und herzlicher. Klar hatten wir auch weniger schoene Erlebnisse, als uns zum Beispiel ein Busschaffner aus dem Bus warf, weil wir zuviel Gepaeck hatten. Doch ein Mann, der das sah, kam uns zu Hilfe und wollte vermitteln. Schliesslich fanden wir einen Bus, der uns trotz Gepaeck mitnahm. Dies war bisher noch nie ein Problem. Was besonders auffaellt, sind die vielen Frauen auf der Strasse. Sei es alleine, in einer Gruppe oder mit ihrem Mann. Im Norden sah man kaum Frauen, hoechstens mit ihrem Mann zusammen. Doch hier sind die Frauen selbstbewusster. Wie im ganzen Land tragen die Frauen einen Sari oder Salwar kamise (langes Oberteil und weite, knoechellange Hosen). Die Maenner tragen vor allem westliche Kleidung, Bundfaltenhosen oder Jeans, dazu ein Hemd, aber man sieht hier auch viele Maenner im traditionellen Wickelrock, Lunghi (bunt) oder Dhoti (weiss).

In den letzten Tagen besuchten wir so bekannte Orte wie Kumbakonam, Kanniyakumari oder Thiruvananthapuram. In Kumbakonam erlebten wir das indische Leben hautnah. Als wir ankamen, regnete es und die Hotels in unserer Preisklasse waren voll, bis wir auf das V.R.P. Hotel stiessen, das von einem schwerhoerigen Mann gefuehrt wird. Das Zimmer war guenstig und mehr oder weniger sauber, wenn man von den zwei Kakerlaken absieht, die ihren Besuch aber nicht ueberlebten. Der Grund fuer unseren Stopp hier waren verschiedene Tempel im und um den Ort. Kulinarisch erlebten wir keine Hoehenfluege, sondern indischen Alltag. Essen in einem Lokal ist primaer Nahrungsaufnahme (Die "Slow Food" Welle ist hier in Indien noch unbekannt!). Unser Reisefuehrer empfahl ein Restaurant, das wir auch aufsuchten. Speisekarte gibt es keine, laut Kellner kann man waehlen zwischen Dosa , Iddly (=gedaempfte Reiskuchen, aehnlich wie Polenta mit "Dipp-saucen") und Puri (=duennes, frittiertes Brot mit "Dipp-Saucen"). Unsere Wahl fiel auf Masala Dosa (eine Art knuspriger Pfannkuchen mit einer Kartoffel-Gemuesefuellung), das ohne Besteck serviert wurde, eben Indianstyle. Der Traum von jedem Kind, essen ohne Besteck. Wobei die Inder natuerlich ausschlieslich und problemlos mit der rechten Hand essen, was uns mehr oder weniger gut gelingt. Meist muessen wir mit der linken Hand nachhelfen. Am zweiten Abend fanden wir dann ein Restaurant mit Speisekarte und Besteck.

Kanniyakumari befindet sich an der Suedspitze Indiens. Hier treffen das arabische Meer, der indische Ozean sowie Golf von Bengalen aufeinander. Der Tsunami 2004 brachte verheerende Zerstoerungen ueber Kanniyakumari, mehrere tausend Menschen starben, vor allem Pilger. Der Uferbereich wurde vollstaendig verwuestet, aber die 40 m hohe Statue des tamilischen Heiligen Thirvalluva auf einer winzigen Insel lag weit genug vor der Kueste, um den riesigen Wellen standzuhalten. Im Gegensatz zu Pangandaran auf Indonesien sieht man keine Spuren der Zerstoerung mehr. Groesste Attraktion einer Reise nach Kanniyakumari ist das Betrachten des Sonnenauf- und untergangs. Leider verhinderten Wolken einen spektakulaeren Sonnenuntergang, aber es war ein spezielles Erlebnis, mit tausenden von indischen Pilgern an den Ufern der Meere zu stehen und mitzuerleben, wie die Sonne langsam untergeht. Der Sonnenaufgang war dann einiges aufregender. Erneut war das Ufer gesaeumt von Pilgern, was uns doch ziemlich ueberraschte. Es waren sogar mehr als beim Untergang. Beim Auftauchen der Sonne am Horizont hoerte man aus manchen Kehlen einen Schrei der Entzueckung. Einzelne Pilger nutzten das Meer fuer rituelle Waschungen.

Thiruvananthapuram (zehn Mal schnell hintereinander aussagen! und dann auswenig nach einer halbem Stunde!), auch bekannt unter dem namen Trivandrum, ist die Hauptstadt des Bundesstaates Kerala. Die Bewohner von Kerala sind stolz darauf, dass hier der erste kommunistische Ministerpraesident der Welt vom Volk gewaehlt wurde. Kommunisten werden ja sonst nicht gewaehlt. In den Strassen sieht man immer Hammer und Sichel, sei es auf Fahnen oder (legal) aufgesprueht an Hauswaenden. Auch Plakate mit dem Konterfei von Che Guevara waren allgegenwertig, weil gerade eine Konferenz der kommunistischen Partei stattfand. In Kerala sind ein Drittel der Bevoelkerung Christen, nur in Goa hat es prozentual mehr Christen. Hier fanden wir wieder einmal einen Supermarkt nach westlicher Art. Dies nutzten wir zu einem ausgiebigen Shopping und erstanden unter anderem einen halben Liter Glace, den wir uns wegen der Hitze umgehend auf der Treppe vor dem Geschaeft genehmigten. Ansonsten hat die Stadt Thiruvananthapuram selber nicht sehr viel zu bieten, sondern ist ein Sprungbrett zu schoenen Straenden in Varkala und Kovalam oder zum dem, was einem bei Kerala als erstes einfaellt, den Backwaters.

Davon berichten wir spaeter.

Patrik