Donnerstag, 27. März 2008

Kerala

Ziemlich grossspurig kommt die Werbung des staatlichen Tourismusbueros daher: God's own country! Sicher gehoert Kerala zu den am meisten besuchten Bundesstaaten Indiens, aber sie haben doch ziemlich dick aufgetragen. Eines der Highlights in Kerala sind die Backwaters. Dieses Gebiet namens Kuttanad erstreckt sich ueber 75 km von Kollam bis nach Kochi im Norden, zwischen dem Meer auf der einen und den Bergen auf der anderen Seite. Das Labyrinth von Wasserflaechen - Seen, Kanaelen, Fluesse und Baeche - wird von tropischer Vegetation gesaeumt. Was man hier zu sehen bekommt, ist von der Strasse voellig unsichtbar. Bestimmte Haeuser sind nur auf dem Wasserweg zu erreichen, immer wieder blitzen zwischen den Baeumen und Palmen Haeuser, Farmen, Kirchen oder Tempel auf. Blaue Eisvoegel sitzen fuer einen Augenblick auf einem Ast, bevor sei weiterfliegen. Fischadler schauen nach Beute Ausschau.

Das taegliche Leben spielt sich hier auf dem Wasser sowie an den von Palmen gesaeumten Uferstreifen ab. Die Familien leben auf winzigen Landflecken, baden und waschen die Waesche im seichten Wasser. Auf Langbooten werden Sand, aber auch Waren transportiert. An anderen Stellen wird nach Muscheln getaucht. Fischer fischen von Ruderbooten aus oder in Ufernaehe mit rieisigen Fischernetzen, im Malayalam cheena vala genannt. Mindestens vier Mann sind noetig, um die an gebogenen Hoelzern befestigten und mit Zugschnueren und Gewichten zu bewegenden Netzen zu bedienen.

Wir selber waren vier Mal auf den Backwaters. Den ersten Kontakt hatten wir waehrend einer Halbtagestour zur Insel Munroe in der Naehe von Kollam. Da wir die einzigen Gaeste waren, hatten wir eine Privatfuehrung. Unser Guide konnte viel ueber das Leben in den Backwaters erzaehlen, doch irgendwann kamen wir darauf, dass er auch Christ ist. Weil er in ein paar Wochen heiraten wird (eine Liebesheirat gegen den Willen der Eltern, weil die Frau aus einer aermeren Familie stammt, doch weil er die Hochzeit selber bezahlt, haben die Eltern doch zugestimmt), drehte sich das Gespraech hauptsaechlich darum. In Kerala leben drei Religionen (Christen, Muslims und Hindus) fliedlich nebeneinander, doch geheiratet wird vor allem innerhalb der eigenen Religion. So wurden die faszinierenden Backwaters zum Nebenschauplatz. Von Kollam aus fuhren mit einem Tourenboot in knapp acht Stunden nach Alappuzha, diese Fahrt gehoert zu den begehrtesten Ganztagetouren. Diese Fahrt haben wir auch sehr genossen, war sie doch sehr abwechslungsreich und wir trafen auf dem Boot nette Leute. Weil bereits Nebensaison war, fuellte sich das Boot nicht ganz und wir konnten uns frei auf dem Boot bewegen. Die eindruecklichste Fahrt war jedoch die Faehre von Alappuzha nach Kottayam. Fuer die Einheimischen ist diese Faehre ihr Bus. Sie fahren damit einkaufen, in die Schule, zur Arbeit oder sonstwohin. Alle paar Minuten haelt die Faehre an, Passagiere steigen zu, andere gehen von Bord. Jeweils ein paar auslaendische Touristen fahren auch mit dieser Faehre und sitzen in der Regel vorn im Schiff, um alles mit Fotoapparat oder Videokamera festzuhalten. Fuer die Bewohner der Backwaters ein alltaegliches Bild, fuer uns eine der fantastischen Landschaften ueberhaupt. Gegen Ende der Fahrt wurde das Fahrwasser immer schmaler und wir passierten mehrere schmale Zugbruecken, die ein Brueckenwaerter hochzog. Unsere letzte Tour fuehrte von Kochi aus zu den Backwaters. Leider spielte das Wetter hier nicht so mit, am Morgen regnete es immer wieder und der Himmel war bedeckt. Viel Neues sahen wir hier nicht mehr, dafuer hatten wir eine angeregte Unterhaltung mit einem indischen Paar, das schon ziemlich westlich eingestellt ist. Beide trugen Jeans, zum Fruehstueck gibt es Toast oder Cerealien, getrunken wird Flaschenwasser. Doch wir hatten sogar noch Glueck mit dem Wetter, denn am naechsten Tag regnete es wie aus Kuebeln und so verbrachten wir den halben Tag in unserem Lieblingslokal in Kochi, dem Teapot.

Patrik